Donnerstag, 26. Juni 2008
Sommer im Wintergarten
Seit das Haus des Ungatten errichtet wurde, war der Wintergarten so eine Art Rumpelkammer, die man nur einmal wöchentlich zum Blumengiessen betrat, und dann auch schnellstmöglich wieder verlies.

Ob meines ständig maladen Rückens stellte ich mir nun am Wochenende folgende Frage: Warte ich, bis gar nichts mehr geht, und kaufe mir dann einen von diesen flinken Elektrorollstühlen mit Alufelgen und Sportsitz , oder rette ich mal, was zu retten ist, und zwar JETZT?

Ich hab' mich dann für JETZT entschieden, denn das letzte halbe Jahr begann allmorgendlich mit einer Schmerztablette, und ich finde, man kann sich die Leber auch auf viel lustigere Weise zerschiessen.
Da sämtliche Krankengymnastiken im letzten Vierteljahrhundert herzlich wenig gebracht haben, Massagen aber selbst für Privatpatienten bedeuten, dass man stundenlang bei irgendwelchen Orthopäden für ein Rezept 'rumsitzen muss, und sie alle halbe Jahr "was ganz revolutionär Neues" an einem ausprobieren wollen, oder einen quälen, indem sie ständig dieses Fango (igitt!) mit auf das Reschbekt schreiben, bleibt fast nur, die Massagen aus eigener Tasche zu bezahlen, oder sich gleich einen Hausmasseur zu halten.

Ich habe dann mal kurz im Kopf überschlagen, was mich so ein Knilch im Jahr wohl kostet, überlegt, wo wir den den Rest des Tages, wenn er uns gerade nicht massiert, aufheben unterbringen könnten, und den Plan ziemlich schnell verworfen.

Stattdessen sind der Ungatte und ich am späten Freitag Nachmittag in ein Möbelhaus gezischt, und haben uns von einer Reihe von Massagesesseln durch"streichen", -"walken", -"kneten", -"klopfen" und -"shiatsuen" lassen.

Das richtige Modell war schnell gefunden, es gibt von dem Hersteller nur "Mini-" und "XL-"Modelle, und da der Ungatte und ich beide unter einsfünfundsiebzig sind...

Nun hätte man diesen Sessel (6-8 Wochen Lieferzeit) einfach nur in schwarz (Ungatte) oder antikbraun (Petersilie) bestellen zu brauchen - aber dann hätte man ja 6 bis 8 Wochen warten müssen, und im Warten bin ich nicht besonders gut.
Den Aussteller (mit zwar voller 5-Jahres-Garantie und ohne erkennbare Schäden) gab's sofort, allerdings nur in "Mango" (für männliche Mitleser, die bekanntlich nur 14 Farben kennen: Das ist ein orangenes Gelb), und ich sagte, was jeder vernünftige Mensch zu einem Monster von Sessel in "Mango" nur sagen kann: "NIEMALS !!!"

Der Ungatte redete dann auf mich ein, dass das doch Blödsinn sei, das Doppelte auszugeben, "bloß wegen der Farbe", der Sessel sei gar nicht "orangsch", sondern "braun", es gäber weitaus schlimmere Farben, und als alles nichts half, sagte er: "Mach' grad' was Du willst, ist sowieso DEIN Geld, ich will Dir da nix aufschwätzen, dann bestell' mal, damit er Ende August auch kommt, Dein Sessel."

"Ende August" - diese Worte wirkten magisch.
Ich also mit dem Stoffmuster Farblederlappen erstmal ans Tageslicht, dann der Verkäuferin das Ledermuster bis Samstag früh abgeschwätzt, ich müsse das zu Hause, in "meinem" Licht sehen.
Schon auf der Heimfahrt ("Ende August...!") fand ich die Farbe gar nicht so "Mango", sondern mehr "Terracotta", und "Terracotta" ist im Gegensatz zu "Mango" keine schnepfige Modefarbe, sondern fast schon ein klassischer Erdton... ("Ende Au-gu-hust...!"), und ein klassischer Erdton verträgt sich ja fast mit allem, vor allem JETZT schon, und nicht erst "Ende August".

Am Samstag haben wir dann den Sessel geholt, zu halben Preis von "normal", von der anderen Hälfte hab' ich mir jetzt die schönen Gartenmöbel bestellt, um die ich schon seit zwei Jahren herumscharwenzele, mit Tischplatte aus Granit, und so.

(Oder sollte man vielleicht doch erst mit 60 daran denken, sich das Leben langsam mal einzurichten, wie man es wirklich haben will?)

Als der Sessel dann da war, war die Preisfrage natürlich "Wohin damit?", denn diese Dinger sind nicht gerade zierlich.
Also habe ich kurzentschlossen den Wintergarten entrümpelt, diese Woche noch zwei Regale mit Tür im schwedischen Möbelhaus um die Ecke besorgt, und jetzt brauche ich, als Kür, noch einen Sekretär, aber auch der wird sich irgendwann finden, denn derzeit blogge ich von einem seltsamen quadratischen Allzwecktisch aus, und das ist kein Zustand, auf die Dauer.

Und seit dieser Woche lebe ich nun, mit Frau F., im Wintergarten, wir sind sozusagen in den kleinsten Raum (Speisekammer ausgenommen) des Hauses umgesiedelt, und habe hier unsere Sommerresidenz eröffnet.

Und dann dachte ich an meine Oma, die sagte immer, man könne aus allem was Gutes machen, und wenn nicht, könnte man es zumindest versuchen, und so habe ich beschlossen, den potthässlichen Mangosessel fortan "bildhübsch mediterran" zu finden.

(Bildmaterial will ich Ihnen selbstverständlich nicht vorenthalten, das dann aber in den Kommentaren.)

Das Beste ist aber: Ich hab' jetzt schon drei Nächte lang fast fünf Stunden am Stück schlafen können und schon drei Tage keine Schmerzmittel mehr eingeworfen.

Es hat sich also schonmal gelohnt.

Haus und Hof
... guten Rat geben

 
im Bilde:
So, und hier die Bilder.

Erstmal der Sessel in "Mango":




(von vorne)




(von der Seite)





(mit wirklich terracottafarbenen Blumentopf, zum Farbvergleich...)




Wintergarten, Gesamtansicht - auf dem Holzstuhl: Frau F.




Wirkungsstätte




Detailansicht vom Schwedenschrank, oben daruf: Literaturpreis, den man(n) mir bisher verwehrte aufzustellen


Und so sieht es aus, wenn ich herausschaue:






Blick auf Ahorn und Apfelbäumchen





Blick auf Mirabellenbaum




Blick zum Gartenhaus




Hinter meinem Rücken: Front zur Terrasse, Frau F.

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Sie brauchen gaaaanz dringen diesen neuen Platz zum Schreiben. Das kleine Dingen, an dem Sie das jetzt tun, geht ja gar nicht!

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"Klein" ist gar nicht so das Problem, ich habe ja einen 2 Meter 50 Schreibtisch, allerdings im Arbeitszimmer, und den bekomme ich hier nicht 'rein, und JETZT ist ja auch Sommer, und ich habe HIER meine Residenz, aber "fein" - fein sollte er sein, und nicht gar so gruselhäßlich schmucklos, sondern mehr mit "Stil", wobei ich jetzt auch weniger an eine Chippendale-Atrappe in Mahagoni (die sind ja "echt" schon so kitschig...) denke, sondern mehr an...hm... weiß nicht so genau... mir schwebte da was in Richtung "kolonial" vor, aber der Ungatte mag das nicht, weil das alles "nicht solide verschafft" ist, und so absichtliche Gebrauchsspuren hat, aber so Biedermeier-Klappsekretäre sind eben zum längeren Dransitzen auch furchtbar unpraktisch... ach, ich find' schon was - ich find' ja immer was...

Aber Sie haben Recht: Dringend...!

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Na, die Farbe des Fauteuils hätte ich mir anhand der Beschreibung schlimmer vorgestellt. Der tolle Blick in den Garten macht das doch lange wieder wett. Und mit dem Sessel ist das wie mit dem Eiffelturm. Wenn man drauf ist sieht man ihn nicht...

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Vor allem verzeihe ich ihm seine Farbe schon deshalb, weil er prima shiatsut.

Außerdem hat er noch fünf Sonderprogramme: "Entspannen", "Erholen", "Lockern", "Beleben" und "Anregen" - wobei ich immer noch über die Begrifflichkeiten stolpere, und manchmal nicht genau weiß, ob ich mich eher "entspannen" oder "erholen" soll, und ob ich lieber "belebt" oder "angeregt" werden will.
In meinem eigenen Sprachgebrauch läuft da einiges auf das selbe 'raus...

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Man könnte den Sessel auch als Fleischfarben bezeichnen. Und wer behauptet eigentlich, dass Männer ganze 14 Farben kennen? Jemand der Lila nicht von Blau (oder wahlweise Rot) unterscheiden kann, kennt allerhöchstens fünf Farben, wenn man die Unbunten jetzt mal ausnimmt.

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Fleischfarben passt... Ogerfleischfarben.
Brrrrrrrr....

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@Frau Küchenschabe

Die Farbe kommt vielleicht auf den Bildern nicht so gut 'rüber, aber sie ist weit von "fleischfarben" (ich nehme an, Sie meinen so einen Ton zwischen "Schinkenwurst-" und "Schlüpferrosa" ,wie früher immer Omas Mieder und Strumpfhalter waren) entfernt. Da ist in echt gar nichts, was in die rosane Richtung geht.
Also der Sessel ist wirklich eher "mango" oder terracotta, wie Blumenübertöpfe oftmals sind.
Stellen Sie sich Aprikosenmilch, mit einem Stich ins Lehmbraune vor. So in etwa.
So die Grundfarbe von Schweppes Bitter Orange, und das in einer Art milchiger Variante. Oder Sie schauen hier, da liegt der Grundton zwischen RAL 1033 Dahliengelb und RAL 2007 Leuchthellorange, und davon machen Sie sich im Kopf bitte eine Pastellvariante.

Und dass Männer 14 Farben sehen können habe ich irgendwo gelesen, was ja nicht heißt, dass sie die auch unterscheiden können.
(Zum Vergleich: Enten können ca 10.000 Farben sehen und über 2.500 Grüntöne unterscheiden, aber das sind ja auch Enten...)
Und ich muss mal sagen, dass Sie da aber auch gleich was sauschweres 'rausgesucht haben: "Lila"... Das liegt ja auch ganz weit ab der Lebenswelt von Männern!

Was meinen Sie, was ich schon in der Werkstatt 'rumgerannt bin, weil der Unschwiegervater mich "das geele Beil" holen geschickt hat.
Und ich such' und such' vergeblich, weil ich nicht auf die Idee komme, dass bei einem Mann "gelb" wahlweise Gelb, Orange, Ocker, Beige, Eierschalfarben oder "Mango" sein kann.
Wenn Sie darauf fixiert sind, was gelbes zu finden, nehmen Sie keine orangenen Gegenstände wahr. Genausowenig rote, blaue, grüne und schwarze.

Aber erklären Sie das mal einem Mann...

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@pmtzl:
LILA? Wenn man schon über unser Farbsehen lästern will, sollte man wissen, dass es kein LILA gibt. Der Farbton heißt Violett! Lassen Sie sich das mal von einem Maler- und Lackierersohn sagen. }:-P

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@jammernich

Deshalb heißt es ja auch Violette Pause, weil's das nämlich gar nicht gibt.

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Nur weil es andere auch falsch verwenden, muss man das ja nicht richtig finden };-)

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Wenn es Lila nicht gibt, wieso gibt es dann das Wort "lila"?

Wieso gibt es lila Schokoriegel und lila Filme (oder hieß der jetzt auch Die Farbe Violett?) und den Lila-Launebär?
Alles gelogen?
Ich soll mir das alles von der Backe putzen, weil Ihr Vater Maler und Lackierer war?

(Also bei mir ist "violett" übrigens deutlich roter, als "lila", das ich mit "flieder" assoziiere; aber vielleicht verwechsele ich "violett" ja mit "purpur", was man wiederum leicht mit "kardinalsrot" verwechseln kann, was dann schon nahe an "krapplack" oder "mangenta" liegt. Womit geklärt wäre, warum für Männer "lila" "violett" eben wahlweise "blau" oder "rot" ist.)

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*lach* Richtig so. Ich mache mein Weltbild auch nicht alleine an dem meines Vaters fest. Allerdings, wenn es um Farben geht... nunja, zumindest würde ich ihm in seiner Gegenwart bei diesem Thema niemals widersprechen };-)

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ups!

Liest Ihr Vater hier mit?

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Meine Teuerste,

es sind genau solcher Art Ihrer Texte, die mein hölzernes Herz in Flammen schreiben und es freut mich zu lesen, dass Sie sich in Hochform befinden. Vielen Dank dafür.
Was den Inhalt angeht, so möchte ich kurz darauf verweisen, Sie Liebreiz der Worte, dass auch ich, nach diesem unsäglichen Zwischenfall auf der Drehstuhlrange, bisweilen von starken Rückenschmerzen geplagt bin.
So drängt sich - natürlich von hinten kommend - die Frage auf, ob ich Sie nicht mal besuchen dürfte. Nur kurz, um den Sessel auszuprobieren. Vielleicht wäre ja dann schon Winter und wir könnten dem Schneetreiben draussen zuschauen; Sie büken (;-)) mir einen Kuchen, nach dessem Verzehr wir Goethes Farbenlehre diskutieren und neben all dem, könnte ich auch Ihre Muschi Katze streicheln;-).

Wir könnten aber auch den Sessel umlackieren, oder einfach eine Decke drüberhängen...

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*lach*

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Hmm... Winter sagen Sie?
Ich könnte Sie zum Holzholen in den Garten schicken, (ich entfache nämlich abends gern ein Lagerfeuer im Kamin, bin aber oft zu faul zu beschäftigt, um 'raus in die Kälte zu gehen, zu frieren und Holz zu schleppen). Wenn Ihnen davon die Lenden das Kreuz lahm wird, könnte Sie der Sessel anschließend entkneten. (Von der Decke rate ich ab, da spürt man das Gedengel von den Massagepinöseln nicht fest genug im Rücken. Es sei denn, Sie sind so ein Großstadt-Weichei, und das ganze ist sowieso zu hardcore für Sie...)

Die Kuchen, die ich backe, sind derart legendär, dass sie, zum Schutze der Gattung Mensch fürderhin nicht mehr hergestellt werden dürfen. Nach dem Verzehr diskutieren Sie nämlich nicht mehr, Sie bloggen höchstens noch Ihr Leid.
Mit einem Schweinsbraten könnte ich aber dienen, das geht ja auch viel schneller und einfacher als "Kuchen", und man hat hinterher viel weniger Abfall.

Die Katze wird langsam sehr alt, ich fürchte fast, es wird ihr letzter Winter, hoffe aber natürlich, dass ich sie ins nächste Frühjahr rette; eventuell macht es ihr Spaß, recht lange "alt" zu sein. Vielleicht halten Sie es da wie Assauer: Nur gucken, nicht anfassen.

Über Goethes Farbenlehre, und wie die nun wieder zustande kommen konnte, habe ich auch schon gegrübelt.
Und da ist mir was aufgefallen: Ist Ihnen mal aufgefallen, was Schwule für Farbtöne kennen?
Da wird man neidisch, als Durchschnittfrau!
Wenn ich z.B. an den Mosi selig denke - WAS ein Farbgefühl!
Es gibt also nur zwei Möglichkeiten: Entweder Goethe war schwul, oder seine Mutter Aja (die mit der "Worzelbörscht", wie wir durch Herrn Colloredo wissen) hat ihm das schlichtweg in die Feder diktiert - als Hilfestellung für den nächsten Tapeteneinkauf, oder so, oder einfach, damit mal was Praktisches veröffentlicht wird, wo "Goethe" draufsteht, bevor alle Welt denkt, er sei schwul habe zwei linke Hände.

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Hahaha. Köstlich. Wenn ich mir den ein oder anderen Gothe-Text nochmals durch den Kopf gehen lasse... vermutlich hatte seine Mutter keine Zeit für ihn.

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... vermutlich hatte seine Mutter keine Zeit für ihn.

Sie bringen mich da auf Ideen...
"Goethe als frühes Opfer der Wohlstandsverwahrlosung" - vielleicht sollte ich doch mal in Erwägung ziehen, eine Magisterarbeit zu schreiben...

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Was hat denn Ihr Rücken, dass er so malade ist, wenn man fragen darf?

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Ein paar Bandscheibenvorfälle zuviel.

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Sie Ärmste! In meiner Verwandtschaft gibt es einige, die sich damit herumquälen und auch Operationen schafften nicht unbedingt Linderung, zumindest nicht längerfristig.

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