Dienstag, 3. April 2007
Beim Häuten der Zwiebel
Diesen Beitrag widme ich Herrn Gorillaschnitzel, der neulich an dieser Stelle genau darüber einen Beitrag verfasst hat. Eigentlich wollte ich meinen Beitrag dann gar nicht mehr online stellen, denn er hat im Wesentlichen das Gleiche gesagt, nur schöner formuliert. Er wollte diesen meinen Beitrag aber lesen. Dann dachte ich, ich streiche die Passagen, die seinen so sehr ähneln (weil, sonst sagt wieder jemand, die Petersilie hat abgeschrieben), und dann dachte ich wieder, nee, muss doch was dran sein, zwei Dumme - ein Gedanke und so. Dann dachte ich, ich stelle den Beitrag auf Herr Gorillas blog, aber dann dachte ich wieder: Wer weiß, ob der den da findet. Und dann ist er ja auch voller Boshaftigkeiten unangenehmer Wahrheiten, dieser Beitrag, und bevor die auf Herrn Gorillas Kappe gehen... Ja, egal, eigentlich hätte ich ihn nicht veröffentlicht und nicht zu Ende geschrieben, jetzt halt doch, quasi als Geschenk...


Ist Ihnen mal aufgefallen, daß manche Leute Geld mit Dingen machen, die andere sowieso andauernd und unentgeltlich tun?
Das glauben Sie nicht?
Stellen Sie sich mal vor, jemand würde Sie für's Bügeln bezahlen. Oder für's Fensterputzen. Oder für's Kochen. Das müssen Sie nur so machen, wie Sie das im Leben nie machen würden. Und dann brauchen Sie dazu natürlich noch ein Publikum.
Es ist alles eine Frage des "wie". Wenn Sie erfolgreich versichern, daß Sie das Zwiebelschälen neu erfunden haben, wird man begeistert sein. Es gibt da ganz verschiedene Methoden, und für fast jeden ist was dabei.

Die Lafer-Methode

Sie brauchen dazu den selben Zahnarzt wie Stefan Raab. Und einen Gesichtschirurgen, der Ihnen ein ewiges Lächeln hinliftet. Volles Haar muß natürlich auch sein.
Und schon können Sie loslegen:
Veranstalten Sie vor der Kamera möglichst viel Sauerei Unordnung, mit möglichst wenig Effekt - Sie müssen ja hinterher nicht saubermachen.
Hilfreich ist es auch, wenn Sie die Veranstaltung mit Kollegen zusammen machen. Pluspunkte erzielen Sie, indem Sie der einzige sind, der weiß, wie dieses im Studio installierte Induktionskochfeld funktioniert.
Das vermittelt eine Eindruck von Professionalität und garantiert fast schon Werbeverträge für Schneebesen und Salatbestecke.
Phantasielose Kreationen lächeln Sie weg, das lenkt vom Essen ab. Halten Sie ausreichend ungeschlagene Sahne bereit. Und wenn Sie gar nicht mehr weiter wissen, schütten Sie einfach literweise Sahne in den Pamp. Wenn Sie keine Sahne mehr haben, können Sie auch Crème fraîche unterheben.
Wenn Sie solche Zähne nicht haben, oder kein volles Haar, ist das kein Grund, aufzugeben. Vielleicht ist für Sie dann

die Mälzer-Methode

das Richtige.
Die Haare tragen Sie dazu einfach sehr kurz. Und tragen Sie ein T-Shirt und ein Hemd, aber verkehrt 'rum. Also das Hemd unter dem T-Shirt. Kochen Sie was ganz einfaches. Fehler wird man Ihnen verzeihen, wenn Sie kontinuierlich eine gewisse Hektik an den Tag legen. Dazu brauchen Sie eine Person mit Kopfhörern und Klemmbrett, die Ihnen immer irgendwie im Weg herumsteht. Der Zuschauer glaubt dann nicht, daß Sie nicht kochen können, sondern daß Sie unter erschwerten Bedingungen arbeiten. Wenn Sie mal ein paar Arbeitsschritte vergessen, behaupten Sie einfach, das sei Absicht. So in etwa wie: "Die Kartoffeln habe ich nicht geschält, weil die Vitamine ja unter der Schale sitzen - das ist ja viel gesünder so." Genauso verkaufen Sie halbrohes, kaltes Fleisch, daß Sie zu kurz gebraten haben: "Das Fleisch schwenke ich extra nur ganz kurz in der Pfanne, da bleibt es saftiger." Wenn Sie statt dem Streuer mit Muskatnuss versehentlich die Dose mit Zimt erwischt habe, ist das kein Grund, das Gekochte unter ständigem Rühren in den ausguss zu befördern. Frech kommt vorwärts, behaupten Sie, Zimt brächte das Aroma von Brokkoli erst richtig zur Geltung. Kombinieren Sie irgendetwas unorthodoxes dazu. Zum Beispiel Alfalfasprossen. Kennt keine Sau, und klingt interessant. Sollte sich doch mal jemand über den Geschmack beklagen, erklären Sie einfach kategorisch:"Schmeckt nicht, gibt's nicht."
Und wenn Sie selbst für die Mälzer-Methode nicht genügend Haare oder Zähne haben, gibt es immer noch Möglichkeiten:

Die Zacherl-Methode

Ihre Zähne sind in jeden Zustand recht. Sie brauchen dazu keine Haare auf dem Kopf, nur am Kinn.
Sie haben jetzt erstmal alle Zeit der Welt. Konzentrieren Sie sich nicht so sehr auf Kochen, nehmen Sie den Zuschauer mit auf eine Einkaufstour. Lenken Sie die Aufmerksamkeit auf Gewürze, die kein Mensch in der Küche braucht, z.B. Hirschhornsalz oder Bockshornklee, und betonen Sie, daß ein Gelingen absolut von der Frische dieser Zutat abhängt.
Wenn's doch mal nichts wird, servieren Sie Milchreis.

Wenn Ihnen das immer noch zu anstrengend ist, und Sie eine Kochsendung machen wollen, ohne zu kochen, lege ich Ihnen

die Biolek-Methode

ans Herz. Gut ist, daß Sie das auch machen können, wenn Sie schon über 100 sind. Sie müssen nicht kochen können, sie kochen ja auch gar nicht, sie sollte aber Jurist sein und es wäre hilfreich wenn Sie irgendeinen Ehrendoktor haben. Sie brauchen einen Promi, nach dem gerade kein Hahn mehr kräht (der macht für Sie die Arbeit und kann die Einladung in Ihre Sendung nicht ablehnen, weil er sowieso droht, komplett in Vergessenheit zu geraten), eine Blumendrahtbrille und Durst.
Während der Promi Kartoffeln und Gemüse schält, Reis kocht, Fleisch schnetzelt und die Küche sauberhält, trinken Sie einfach ein bis zwei Flaschen Rotwein und stellen ein paar stupide Fragen zu seinem Privatleben. Betonen Sie alle 45 Sekunden das Aroma und das Bukett des Weines, den Sie da verkosten, und vergessen Sie nicht das Gericht des Promis durch drei gepresste Knoblauchzehen und eine Hand voll Zwiebeln "zu verfeinern". Das ganze wird mit reichlich Wein abgelöscht. Es ist dabei völlig unerheblich, ob der Promi Griesspudding oder Schweinshaxe gekocht hat.

Wenn Ihnen das mit dem Fernsehen zuviel Bohai ist, und Sie sich lieber auf Kosten von Otto Normalverbraucher die Taschen vollstopfen wollen, hab' ich noch was für Sie:

Die Wohlfahrt-Methode

Stellen Sie ein Zelt in einer Stadt mit über 300 000 Einwohnern auf. Das ist wichtig, sonst kommen nicht genug, die sich abzocken lassen. Dann engagieren Sie ein paar arbeitslose Artisten aus dem Ostblock für das Rahmenprogramm.
Bieten Sie wenig Essen für viel Geld, sonst glaubt Ihnen keiner das "Gourmet" im Untertitel der Veranstaltung. Jetzt brauchen Sie noch einen zweitklassigen Conférencier, der den ganzen Abend drittklassige Witze macht. Dieser muß nichts weiter tun, als einige Paare über 55 im Publikum auszumachen. Jedesmal, wenn so eine ausgedeutete Person gerade anfangen will zu essen, kommt der Conférencier und macht irgendeinen anzüglichen Witz über die Potenz oder das Eheleben der betreffenden Person. Alle lachen sich tot über diesen armen Hans Wurst, der einen Arsch voll Geld hingelegt hat, um mit der Gattin den 20. Hochzeitstag in einem Zelt(!) zu feiern, und der nun außer dem Spott auch noch einen erkalteten Gang herunterschlucken muss.
Er kann auch nicht aufstehen und dem Fatzke eine 'runterhauen (was unter anderen Umständen normal wäre), denn dann steht er ja als "spaßfrei" da. Aber das gehört zum Konzept, denn nur derart bloßgestellte Leute erzählen nicht weiter, wie mies das ganze war. Und es funktioniert. Über 25 000 mal.

Fündig geworden?
Ich stelle auch ein Zelt auf, irgendwann.
Arbeitslose Comedians, die ihre besten Tage hinter sich haben und die wissen, wie man andere beleidigt, gibt's ja genug.
Und wenn nicht, kann ich ja immer noch Fernseh-Bügeln.

Glanz, Gloria und Glotze
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