Mittwoch, 23. Januar 2008
Der Ludwig der Wursttheken
Sollten Sie sich fragen, was aus mir geworden ist - ich war sozusagen beschäftigt.

Zwischen Katzenimpfung mit Nebenwirkungen, Möbelshopping für Frau F. und der saisonalen Grippe hab' ich mal kurz im Schützenverein von LeDorf meinen Einstand gegeben.

Zu diesem Behufe kredenzte ich "Schnittchen", und fabrizierte u.a. mein erstes Do-it-yourself-Roastbeef. Es wurde auch wundergut, aber mit so einer lappedudligen Haushaltsallesschneidbrotmaschine kann man Roastbeef nicht wirklich fein aufschneiden, was mich zurück in die (sehr freundliche) Metzgerei von LeDorf trieb. Dort schnitt man mir Roastbeef und kalten Braten in aufschnittmäßige Scheiben.
Wer mich kennt, weiß, dass ich genau nur einmal gewillt bin, Fleisch durch LeDorf zu fahren, und mir sowas zu geben. Konstatiere: Ich brauche eine (zumindest semi-) professionelle Aufschnittmaschine.
Nun hab' ich die ganze Bandbreite des Angebots studiert. Was der Elektrofachmarkt meines Vertrauens mir hätte besorgen können, war, gelinde gesagt, enttäuschend.
Bei den italienischen Fabrikaten enttäuschte die Ersatzteillage, bei den deutschen Fabrikaten enttäuschte der Preis. Da können Sie flugs mal 1600 Kracher liegen lassen, und was Sie kriegen ist immer noch kein Vollmetall. Ich zahl' doch nicht soviel Geld für rote Drehknöpfe (das sieht total billigschrotti aus) und muss hinterher Ersatzteile aus Frankreich beziehen (da hab' ich Ihnen nachher noch 'ne schöne Ersatzteilgeschichte... ich sag' bloß: Ungarn...!), weil der renommierte deutsche Hersteller ("Deutsche Qualität seit '14/'18") mittlerweile fluchtartig das Land verlassen hat.

Nach Abwägen der Fakten fiel die Entscheidung (mal wieder) auf einen Oldtimer: Die Bizerba VE-6, sehr verbreitetes Modell der 50er Jahre.
Guckstu:



Jetzt betrachten Sie mal einen Augenblick diese Karosserie...
Ist das nicht...göttlich?!
Diese sanften Schwünge, nix Eckiges, Kantiges, 70erjahre Quadrartischpraktischgutes, nein, es handelt sich hier gewissermaßen um die DS, ach was, um den Borgward der Wurstaufschnittmaschinen.

Natürlich kriegt man heutzutage sowas nicht im Laden - klar, ist ja auch Qualität drin, verkauft man einmal und nie wieder, weil: Unkaputtbar.
Ich also zu eBay.
Da erlebt man schon tolle Sachen.
Es war nicht nur eine schwere Geburt (klar, bei 22 Kilo) mit dem Versand, was da als "funktionierend" ankam war, vorsichtig ausgedrückt, "spannend"...!

Also sowas ist ja schon fast normal



dass ein Standfuß ausgerissen ist, hätte man, wenn man normal wäre, dazugesagt, ebenso ein paar andere Mängel, wie abgerissene Einstellskala und Riss im Handschutz, aber sei's drum, die Welt ist eben voller Schwindler.

Aber das:



Also, das (ich krieg' grad' keine Luft)...!

Also das... ist nicht funktionierend, das ist
- rostig
- schartig
- verbogen
- von einem Volldeppen einer fachunkundigen Person mit Schleifpapier von 250mm auf 200mm runtergeschraddelt
- und außerdem hingen da Speisereste von schätzungsweise 1982 dran, dass man das Ding als es hier ankam bestenfalls noch neben die ungeputzte Beuys'sche Badewanne hätte stellen können, damit der Siff nicht so auffällt.

Dass sich manche nicht schämen?!
Ich weiß doch wie diese Pottsau die Verkäuferin heißt, und wo sie wohnt, da würde ich mich persönlich ja totschämen, alleine das Risiko, dass hinterher in einem Blog steht: "Frl. Petersilie Krause aus LeDorf hat mir das hier (obacht, Bild!) geschickt", aber nun ja, nicht jeder hat es eben so mit der "Hügine" und mit dem Stolz und mit der Peinsamkeit...

Also war heute der Tag der Großputzung.
Und was entdeckten meine trüben Augen?
Alles Vollmetall, Aludruckguss, kompletti rostfrei, okay, einige Macken, aber nach über 50 Jahren haben wir die doch alle, oder?

Mit wahrem Entzücken stellte ich fest, dass man da tatsächlich JEDES Teil auseinander nehmen kann.
Da ist nicht ein Teilchen geklebt, alles ist solide geschraubt (das muss ich jetzt halt nach und nach durch Edelstahlschrauben ersetzen), das ist durchdachte deutsche Ingenieurs- und Maschinenbauerkunst im Reinformat, gepaart mit einem formschönen Design und warummachteigentlichheutekeinermehrsowas?

(Nochmal von hinten, weil's so schön ist:)





Damit Sie mal sehen, was man da alles so abnehmen kann (und was ich alles schon abgenommen habe):




...und das ist erst der Anfang, morgen kommt der Schlitten dran, neues Kabel habe ich gerade besorgt, dann werden die Schmiernippel (ja - eine Aufschnittmaschine mit Schmiernippeln!!!) und die Führungen abgeschmiert, unten ein bisschen Kriechöl auf die Teile, und alles flutscht wieder, neues Messer ist bestellt, passense mal auf, da werd' ich zum professionellen Aufschneider...

FAZIT:

Bei dieser Herzogin der Delikatessenabteilungen handelt es sich in Wahrheit nicht um eine DS, auch um keinen Borgward (denn die sieht man ja kaum noch fahren), sondern mit ihren kompakten ca 40cm Tiefe passt sie in (fast) jeden Haushalt, ist durch und durch solide, und deshalb gleichsam ein Ludwig



der Wursttheken.

Ich glaub' ich kauf' jetzt nur noch Maschinen, die zwischen 1950 und 1965 gebaut sind, alles andere geht zu schnell kaputt.

Haus und Hof
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