Mittwoch, 22. August 2007
Laterne, Laterne
Gestern Nachmittag, ich hänge gerade am Telefon, höre ich in unserer Straße ein Auto, das lärmt, wie das Müllauto.
Nanu, dachte ich, ist doch gar nicht Freitag heute, und nachmittags wird sowieso kein Müll geholt.

Der akustische Eindruck verstärkte sich nun, da das Auto auch immer wieder anhielt - wie 'n Müllauto eben, aber langsamer.
Langsamer?
Aha! - machte mein Gehirn - langsamer als das Müllauto kommt nur einer in Frage: Die Gemeinde!
Und richtig, an Fester tretend wurde ich eines wunderhübschen oranjeorangenen Gemeindepickups gewahr, bestückt mit vier sehr geschäftigen Herren, die soviel Zeit hatten, wie eben nur Gemeindearbeiter Zeit haben.

Einer fuhr den Pickup, einer gab Anweisungen und war im Besitz des "Papiers", das er nicht aus den Händen ließ, einer führte die Anweisungen aus und einer stand hinten auf dem Pickup, die Hände in den Hosentaschen, und sorgte offenbar für Ruhe und Ordnung, oder er war vielleicht auch derjenige, der den Überblick behielt.

Sie fummelten also etwa eine Stunde auf unserem Straßenabschnitt 'rum, so genau hab' ich das nicht verfolgt, denn es war ein irrsinnig spannendes Telefonat, indem pädagogische Grundsatzfragen geklärt wurden, und bei sowas bin ich ja quasi in meinem Element.

Jedenfalls entschwand das oranjeorangene Gemeindeauto irgendwo Richtung Ortskern, irgendwann hatte ich zu Ende telefoniert und irgendwann brach die Nacht herein und ich dachte: Schmierste Dir 'ne Stulle.
Und ich mach' mich auf den Weg in die Küche und im Hausflur trifft mich fast der Schlag, denn alles ist urplötzlich wie auf magische Weise in ein grauenhaftes oranjeorangenes Licht getaucht.
"O'rooosch" - wie man hier sagt, as orange can be, in etwa so orange, wie eine 16köpfige holländische Polonaise in einer österreichischen Skihütte!

Ja - also die Gemeindesherriffs haben alle Straßenlaternen ausgetauscht.
Nun frage ich mich: Warum?
Denn vor zwei Jahren wurden wir schonmal komplett neu lumifiziert, und zwar in schneeweiß.
Jetzt hatte ich mich gerade so schön an die Flaklicht-Optik im nächtlichen Hausflur gewöhnt, jetzt kommen die mit Orange!

Meine Vermutung ist ja, dass irgendein Dummdödel denen vorgerechnet hat, dass man mit Energiesparlampen 40 Cent pro Jahr und Laterne sparen kann, und dann ist einer los, und hat erstmal 1200 neue Straßenlampen à 800 Euro gekauft - wegen der tollen Ersparnis.

Oder aber es liegt an den Füchsen.
Seit der Einführung des weißen Flaklichts gab es bei uns kaum noch totgefahrene Füchse.
Vermutlich hat sich die Fuchspopulation in Petersilingen erschreckend gut erholt und die Gemeinde hat mit dem zuständigen Veterinäramt beschlossen, dass hier zur Eindämmung der gemeine Autofahrer, vor allem der Anwohner selbst gefragt ist.

Oder es liegt am Minderheitenschutz.
Ich stelle mir vor, dass die Gewerkschaft der Vergewaltiger und Straßenräuber das helle Licht moniert hat. Nun haben sie wahrscheinlich gedroht, dass sie in Zukunft alle Hartz IV wollen, weil man bei dem Flaklicht nicht arbeiten kann, der Marburger Bund wurde vermutlich gefragt, und ein Experte vom LKA hat vermutlich bestätigt, daß die Sexualldelikte rapide zurückgegangen sind, seit den hellen Straßenlampen.

Und von irgendwas wollen auch die Ärzte leben, und wenn es nur die Untersuchung von Vergewaltigungsopfern ist. Und irgendwas muss man ja auch in die Kriminalstatistik reinschreiben, Sexualdelikte kann man per DNS-Test prima aufklären.

Hallo?

WARUM tauscht man fast neue, völlig funktionierende Straßenlaternen kilometerweit aus?

Zuviel Geld, oder was?

Landleben 2.0
... guten Rat geben

 
Haben die tatsächlich die ganze Laterne getauscht, oder nur die Leuchtkörper?

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Weder - noch.
Den kompletten Kopf.
Also weniger als die ganze Laterne, aber mehr als das Leuchtmittel.
Vorher waren sie länglich-oval und jetzt sind sie dreieckig mit abgerundeten Ecken.

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Ich glaub gar nicht mal,
dass die trüben orangenen Funzeln weniger Strom brauchen. Ich vermute gleichen Strombedarf, aber weniger Lichtausbeute. Was dieser Irrsinn soll, hat sich mir auch nicht erschlossen. Ich meine irgendwo mal gelesen zu haben, es hätte mit Naturschutz zu tun, denn das weiße Licht irritiere die armen Insekten ganz arg.

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Irgendwelche Sandalettis nennen das wohl "Lichtverschmutzung".
Der Mensch (und anscheinend auch die gemeine Stechmücke) bekommt anscheinend 135 000 Psychosen, wenn er zu selten völlig im Dunkeln tappt.
Hat mir ein Radikalmüsli erklärt.

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Lichtverschmutzung
Dafür braucht es gar keine Radikalmüslis. Dafür braucht es bloß einen Hobbyastronomen.

Eine meiner mitreisenden Ladies wanderte während meines Aufenthalts in No Computer Land jede Nacht* so gegen Drei vor die Tür und guckte den Sternenhimmel an und suchte sich die Sternbilder raus, die sie kannte. Sie erklärte, bei sich in der Stadt würde sie höchstens ein Drittel der Sterne sehen wie dort auf dem stockdusteren Land.

In einer Nacht, als ich unglücklich durch die Gegend geisterte und Salbe suchte, weil eine Mücke probiert hatte, wie untoter Altägypter schmeckt, hat mich diese Lady mal mit rausgeschleppt - sah wirklich ganz nett glitzernd aus, wie im Planetarium hier in München.-

Und an einem Morgen war die Lady so richtig glücklich - sie hatte es in der Nacht zum ersten Mal in ihrem Leben geschafft, die als 'Leoniden' bekannten Sternschnuppen zu sehen, und dabei habe sie doch schon so oft am Fenster gestanden, bei sich in der Stadt, und darauf gewartet.

Das alles gibt es zu sehen, wenn die Lichtverschmutzung fehlt.-


* Außer in der Nacht, als die Überschwemmung runterkam, natürlich.

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Man ist wohl der Meinung, Autofahrer könnten bei dem orangen Licht Probleme besser erkennen und seien aufmerksamer. In Frankreich ist die Beleuchtung schon seit Jahrzehnten orange.

Auch gibt es neuerdings eine EU-Norm zur Straßenbeleuchtung, in deren Rahmen die deutsche Straßenbeleuchtung zwar nicht umgerüstet werden muß, aber alles, was neu gebaut wird, muß entsprechen. Ihre Gemendeverwaltung ist da vielleicht etwas übereifrig, kann EU-Richtlinien nicht lesen, oder hat schlicht zu viel Geld.

Mehr Info hier und hier.

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Ah!
Danke, dass Sie so kompetent (orangefarbenenes) Licht in das Dunkel dieses Mysteriums der kommunalen Geldverschwendung gebracht haben.

Was für Autofahrer gilt, gilt allerdings nicht für Anwohner: Mich macht diese Ajax-Amsterdam-Deko völlig irre.

Und es verbraucht außerdem mehr Strom, und zwar meinen: Bei uns liegt nämlich das Bad im EG zur Straße hin. Seit Einführung der Flakscheinwerfer brauchte ich im Winter und abends nie das Licht im Bad anzumachen, wenn ich nur mal kurz auf's Klo musste.
Ich erkenne im Gegensatz zum Autofahrer weder Probleme, noch die Keramik, in diesem Licht.

Vorbei, das Energiesparen!

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Diese Studien
sind ja nicht unumstritten. Der Punkt ist wohl eher, dass die Autofahrer in der Schummerbeleuchtung langsamer fahren und dass deswegen vielleicht weniger passiert. Aber besser sehen tut in dem Gefunzel kein Mensch.

Übrigens hatten die Franzosen auch Studien, wonach das gelbe Abblendlicht, was da früher Usus war, besser zu sehen sei. Davon redet heute ja auch kein Mensch mehr...

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Bei jeder Studie muss man ja immer als allererstes fragen: "Wer hat das in Auftrag gegeben?" - dann sieht man meist bedeutend klarer.

Getreu dem Grundsatz: Traue nur der Studie, deren Daten Du selbst manipuliert hast.

Vielleicht hatte der damalige französische Präsident (honny soit, qui mal y pense!) einen Schwippschwager, der Abblendbirnen fabrizierte. Um ihn vor ausländischer Konkurrenz zu schützen, hat man die dann gleich mal vorteilhaft gelb gestudiet...

Die meisten Dinge in der Welt sind ganz einfach zu verstehen - nur hat man in der Regel nicht die wirklich wichtigen Daten zur Verfügung!

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Ich persönlich habe ja was gegen Flakscheinwerfer, die mir in die Bude leuchten; und auch der Kater soll merken, wann Tag und wann Nacht ist.

Letzten Sommer wurde auf dem brachliegenden Trümmergrundstück nebenan ein paar Nächte lang für 'Aktenzeichen XY ungelöst' gedreht, bevor dann die Bagger anrückten und die Trümmer zwei Stockwerke tief komplett wegschaufelten, um da die Minen von Moria auszuschachten. Nun, als da noch Drehort war, hatten die natürlich Beleuchtung - und die ging einem genauso auf die Nerven wie die spitzen, markerschütternden Schreie, die die eine Darstellering immer wieder ausstoßen mußte.

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Kann ich mir vorstellen.
Ich hatte nur mal ein Außenteam des Hessischen Rundfunks im Arbeitszimmer, um als Medienchecker ein Statement zur Krise bei der Frankfurter Rundschau in die Kamera zu sprechen. Die haben mich und meine Butze mit ihrer Flakscheinwerferbatterie zweieinhalb Stunden lang gegrillt für einen 30-Sekünder im dritten Programm. Ich denke immer noch, dass die schuld waren an der massiven Nachzahlung, die ich am Ende des Abrechnungszeitraums an die Stadtwerke abdrücken musste...

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Hmm - für einen 6-Minüter in der badenwürttembergischen Landesschau haben sie (der SWR) damals ganze zwei Tage mit uns gedreht.
Ungefähr vierzig mal mussten wir zu dritt eine Gasse entlang marschieren, weil das aus drei Perspektiven, aber mit einer Kamera gefilmt wurde - die Schwaben eben...

Der Spruch des Drehs war: "Können wir das bitte noch einmal haben - und bitte: Gaaaanz natürlich...!"
Ist bis heute, 15 Jahre später, running gag.

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Ich glaube, es hat tatsächlich was mit zuviel Geld zu tun.

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Guten Tag, also, öhm, wenn ich mal so höflich nachfragen darf: Sind Sie ins Sommerloch gefallen?

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Gewissermaßen "vom Trecker überfahr'n" ;-)

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Da sind Sie platt, was? :)

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Lila! Rosa! Gibts auch. Laternenmäßig. Sei(ense :-) ) mit Oroooooosch doch z´fried´n

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